60 Jahre Gipfelstürmer 1911-1971
Zum Geleit!
von 0tti Wiedmann
Mit Stolz blicken wir auf unser Klubwahrzeichen, die Gipfelstürmernadel und mit Stolz blicken wir zurück in unsere Vergangenheit, die von 1911 – dem Jahr der Vereinsgründung – bis heute eine große Leistungsschau außergewöhnlicher alpiner Taten darstellt. Unsere alten Mitglieder haben uns ein großes Erbe voll Tradition und Leistung hinterlassen, aber – und das erscheint mir fast am wichtigsten – auch die Liebe zu den Bergen und zu unserer Heimat gelehrt. Das Erbe verpflichtet und es wird uns alle Kraft kosten, Tradition, Kameradschaft und Leistungsstandard aufrecht zu erhalten. Gemeinsam kann es uns gelingen. Ich bitte die “Alten” und “Jungen” im Klub, zusammen daran zu arbeiten, dass auch die nächste Generation ein stolzes Erbe übernehmen kann und die “Gipfelstürmerkameradschaft” weiterlebt. In gemeinsamer Fröhlichkeit steckt ein Ursprung des Lebens, wo sollen wir uns dies besser holen, als in unserer Bergwelt.
Nachruf für Konrad Schuster
von Herbert Ohnmacht
KONRAD SCHUSTER – Gründer der Alpinen Gesellschaft Gipfelstürmer und Ehrenvorstand. Am Fuße der Ochsenwand in den Kalkkögeln, am Weg von der Adolf-Pichlerhütte zur Alpenklubscharte steht unser Gedenkstein, den wir alljährlich besuchen, um an unsere Bergtoten, die Gefallenen beider Weltkriege und an unsere Verstorbenen zu gedenken. Zu dieser Zeit ist der Weg der Sonne sehr kurz geworden, in den Wänden hat sich der Winter bereits eingenistet und das Tal leuchtet im bunten Kleid des Herbstes. Ich stehe im Kreise meiner Freunde und gedenke. Mein Blick schweift über die Köpfe und merkt allzu bald, dass der Tod bei unseren älteren Mitgliedern bereits Ernte gehalten hat. Nur vereinzelt sehe ich graue Häupter in der großen Schar der Jugend. Wenn ich diese vielen Menschen sehe, so bin ich eigentlich sehr glücklich, ihnen anzugehören. Mit Dank denke ich an den Gründer, unseren unvergesslichen Konrad Schuster, der es bereits 1911 verstanden hat eine Gemeinschaft zu schaffen, die immerhin 6 Jahrzehnte überstand und heute eine alpine Einrichtung darstellt, die vom alpinistischen Geschehen nicht mehr wegzudenken ist.
Er war dabei, als das Startzeichen zur Durchsteigung der Alpenwände gegeben wurde. Mit der Erstbegehung der Riepen-Nordwest im Jahre 1914 und der Pflerscher Tribulaun-Nordwand 1920 und vielen anderen Wänden, wurden seinen gleichgesinnten Freunden oft Rätsel aufgegeben. Er verstand es in seiner 20-jährigen Obmannstätigkeit die Jugend zu lehren und zu führen, so dass mit Ausnahme Australiens sich Gipfelstürmer auf allen übrigen Kontinenten auf Bergfahrten befanden. Schuster war auch einer der ersten Bergretter, der mit der höchsten Auszeichnung des Alpenvereins, dem Grünen Kreuz geehrt wurde. Der Rettungsgedanke wurde durch ihn hochgehalten und weitgehendst gefördert. In den letzten Jahren vor seinem Tod besuchte er trotz Krankheiten, die das Alter mit sich bringt, unsere Jahreshauptversammlung. Er war immer wieder beglückt, wenn die Wahl erfolgreich abgeschlossen war, da er dann wusste, dass sein begonnenes Werk wieder ein Jahr fortgeführt wird. Die letzten Flammen in unserer Urne am Stein verlöschen. Wir steigen zu Tal mit dem Gefühl im Herzen, dass er vielen von uns zu einer schönen Jugendzeit am Berg verholfen hat. Mit einem unverständlichen Kopfschütteln stelle ich fest, dass auf dieser Erde so viel begonnen wird, was nur kurzen Bestand hat. Dieser einfache Mensch hat es zuwege gebracht, eine Idee, ein Beginnen über drei Generationen, über drei bewegte Generationen hinüberzuführen.
Der Pfeiler an der Marmolata
von Kurt Schoiswohl
Der Regen prasselt, wir sitzen auf der Lienzerhütte in der Schobergruppe, die Leute, die wir in den letzten Tagen bei Schlechtwetter geführt hatten haben genug, sie wollen nach Hause. Freitagmittag sind sie alle weg und wir müssen erst sonntagnachmittags in Zermatt sein. Die Sonne kommt durch, ein freier Samstag liegt vor uns – der Marmolatapfeiler, ja, der wäre fällig. Tonis Puch 500 bringt uns über den Tre Croce und Falzarego zur Südseite der Marmolata auf die Malga Ciapela. Der Nebel senkt sich am Abend herab und bei völliger Dunkelheit stolpern wir zum Rifugio Antonio Falier. Um 11 Uhr nachts stehen wir vor verschlossener Tür. Als wir uns einen Einstieg zur Hütte aufbrechen wollen, wird plötzlich geöffnet. “Lager gibt’s keine”, klingt es reichlich unfreundlich, “nur Betten”. Also in die Betten. Ob das die Kassa verträgt? Sie verträgt es nicht, und als um 4 Uhr morgens die Sterne am Himmel stehen, packen wir leise den Rucksack, klettern aus dein Fenster und schleichen uns davon. Da schlägt der Hund an und wie von Furien gehetzt jagen wir den Steig zum Ombrettapass hinauf. Später, nach dem Einstieg sehen wir den Hund im Kar unten bellen und freuen uns über den Streich.
Einige Seillängen sind leicht. Dann steige ich in die erste heikle Stelle, ein enger glattwandiger Kamin. Ich begehe den Fehler, innen hinauf zu klettern. Um nicht ganz festzuklemmen, robbe ich, den Rucksack in die Armbeuge gehängt, mit Knie und Ellbogen hinauf. Um mich festzuhalten, muss ich nur tief einatmen. Dann klemmt der Helm und erst nach viel Schweiß und Anstrengung bin ich durch das Nadelöhr. Eine Verschneidung führt nach rechts hinaus zur ersten Terrasse. In den Felsen oberhalb fällt plötzlich Nebel ein. Es nieselt. Jetzt wäre der Rückweg noch einfach. Doch dann siegt unsere Abenteuerlust. Mit dem nötigen Kampfgeist packen wir den Pfeiler auch bei Regen. Wir sind in Hochform und Toni Schramm, einige Jahre jünger, Bergführer aus St. Johann i. Pongau ist ein fantastischer Kletterer: Eiger, Matterhorn, Walkerpfeiler, Triolet und Großhorn-Nordwand in einem Sommer weisen ihn als einen der leistungsfähigsten Burschen aus, die es gegenwärtig in Österreich gibt.
Von den vielen Seillängen zur zweiten Terrasse ist mir besonders eine in Erinnerung, ein 40 m langer Riss, zuerst VI- mit einigen Haken, doch dann ist plötzlich weit und breit keiner mehr da. Der Riss weist Unterbrechungen auf, gelbes loses Gestein lässt auf einen Felssturz schließen. Mit den kleinen Tricks des erfahrenen Bergsteigers komme ich noch 15 Meter von den Haken aus weiter, doch dann ist auf 10 m nur mehr sehr wenig greifbar. Eine senkrecht verlaufende Leiste und kleine bröslige Tritte sind zu sehen. Um eine Sicherung anzubringen, bin ich schon zu sehr mit den Kletterschwierigkeiten beschäftigt. Dann bin ich mitten drinnen und muss kämpfen. In den Armmuskeln verspüre ich schon die Müdigkeit. Doch mit eisernem Willen komme ich am Rande eines langen Sturzes über die schwierige Passage. Tonis Hochachtung vor dieser Stelle hebt mein Selbstbewusstsein. Es wird um einen Grad leichter und wir stürmen in wechselnder Führung den gut gestuften Fels. Graue, feste Platten ziehen zu einer Schlucht, wo uns die Hauptschwierigkeiten erwarten. Trotz leichtem Nieselregen und böigem Wind empfinden wir große Zufriedenheit – ein schwerer Linksquergang an kleinen Griffen in senkrechtem Gestein bedeutet ein Vergnügen.
Doch dann kommen wir vom Regen in die Traufe. Von oben rauscht das Wasser. Toni steht mitten im Sprühregen, doch immer noch seine Stutzen heruntergerollt, kraftvoll arbeitet er sich höher. Ein weiter Kamin mit vereistem Einriss ist zu bewältigen. Links hoch oben gibt es einige Haken, dort hat Toni seine Standsicherung. Mit Steigbaum erreiche ich einen Stift, zum Aufhängen von Bildern sehr gut geeignet, aber als Halt für 70 kg undenkbar. Mit weiten Spreizschritten komme ich dann auch ohne die Zierhaken hinauf und sehe zum ersten Mal 70 m weiter oben das berüchtigte Dach. Aber wie sieht der Weg dorthin aus? Die ganze rechte Schluchtwand ist von einer Eisplatte mit 10 cm Stärke bedeckt, darüber schießt das Wasser herab. Toni als Eisspezialist aber wird das Problem schon lösen. Mit dem Hammer schlägt er Kerben für Hände und Füße, in der linken Kaminwand erreicht er dann einen Haken und kann mit einigen verwegenen Spreizschritten eine lehmige Steilrinne gewinnen, die zum Dach leitet. Das Dach wird von einem riesigen Klemmblock gebildet, der schön symmetrisch von Eis links und rechts überronnen ist. Der Platz unterhalb ist der einzig trockene auf 120 m Höhendistanz dieses Kletterweges, aber kalt wie ein Gefrierkeller mit Rauhreif am Fels. Unser Tourenproviant, eine Packung Quargel, wird seinem Zweck zugeführt, der Anorak überzogen. Rechts steckt ein zersplitterter Holzkeil im Winkel zwischen Schluchtwand und Klemmblock. Dorthin klettere ich und kann gerade noch einhängen, dann muss ich wieder zurück, so unterkühlt sind meine Arme. Toni ist vor Kälte schon ganz grün im Gesicht. Er vertraut auf mich. Vorsichtig belaste ich die Schlinge hinter dem zersplitterten Holzkeil und schwinge mich zur Dachkante hinaus. Dort ist die Eisschwarte so günstig abgeschmolzen, dass ich sie als Griff verwenden kann. Dann klemme ich fest, die Füße im Fels, die Arme in der Schmelzkluft zwischen Fels und Eis. Nach einigen, gar nicht schwierigen Schritten bin ich oben, befreit von diesem Alpdruck.
Es ist etwa 4 Uhr nachmittags, die Schlucht setzt sich als Eisrinne fort und wir stehen unter Zeitdruck, denn ein Biwak wäre furchtbar in unseren nassen Kleidern. Ich übernehme die Führung, damit keiner von uns zu lang unbeweglich am Stand warten muss. Ein großer Kaminüberhang wird überklettert und immer wieder gibt es heikle Passagen. Dann finden wir Stacheldraht vom ersten Weltkrieg – das Ziel ist nahe. Der Regen hört wieder einmal auf nachzulassen und geht in Hagel über. Müde sind wir und mit der Kraft am Ende. Selbst leichtes Gelände fordert uns alles ab. Nach 12 Stunden Kletterzeit sind wir am Ausstieg. Es ist 18 Uhr und die Dämmerung bricht herein. Toni meint, dass die 2 Tage im Wettersturz am Eiger ihn physisch nicht so beansprucht haben, wie dieser höllische Pfeiler. 100 m vom Ausstieg steht die Gipfelhütte der Marmolata di Penia. Walter Brunner, ein Bergführer aus Buchenstein, ist oben. Er sorgt für uns wie eine Mutter, Grog und Gulasch kräftigen die kältestarren Glieder. Von uns und unserer heutigen Bergfahrt ist er begeistert. Wir sind die ersten auf sämtlichen Südwandrouten im heurigen Jahr. Dann richtet er unser Lager. Der Wind heult um unser Refugium. Wir sind geborgen.
Aus dem Tourenbuch eines mittelmäßigen Bergsteigers
von Dr. Ivo Steinacker
In einer Zeit, wo der Bergsteiger über Ausrüstungsgegenstände verfügt, die u. a. aus der Raumfahrttechnik kommen, er die besten Perlonseile, die modernsten Haken, Gaskocher, Thermosflasche, Daunensack, Seilnachschub vom Fuß der Wand usw. in Anspruch nehmen kann, sollte man sich doch auch erinnern, wie das früher war. Früher – das beinhaltet heute nicht nur die Zeit vor dem ersten und zweiten Weltkrieg, auch die Jahre danach sind damit bereits gemeint. Damals (gleich nach dem 2. Weltkrieg) hatte fast niemand ein Auto, die Postautobusse nahmen nur “eingeschriebene” Fahrgäste mit, die Eisenbahn? – die war viel zu teuer. Was blieb, war das Fahrrad. Ich kann mich noch genau erinnern, wie Herbert Ohnmacht als einer der ersten mit einem Motorrad auftauchte, einem Höllenschlitten, den auch noch andere unserer Klubmitglieder in unvergesslicher Erinnerung haben.
Ich bin über das Tourenskifahren in die Berge gekommen und bin dieser Art des Bergsteigens eigentlich immer treu geblieben. Dies begann zu Weihnachten 1947, da luden mich einige Klassenkameraden ein, die Ferien in der Fotsch zu verbringen. Seitdem ist dieses Tal, seine alte (und die neue) Hütte und der Luis ein Teil dessen, was aus der Erinnerung nicht wegzudenken ist. Wie oft bin ich am Samstag mit dem Frühzug nach Kematen gefahren und über die damals noch schneebedeckte Straße nach Rothenbrunn und in die Fotsch hinein gepilgert. Freundschaften wurden geschlossen, Berge wurden erlebt, Feste wurden gefeiert….
Dann kam die Zeit, in welcher ich zwei Kameraden fand, den Otto und den Kurt, mit denen ich die meisten meiner Touren gemacht habe, die in jenen Jahren in meinem Tourenbuch stehen. Das oberste Gesetz zwischen uns war die Zweidrittelmehrheit und der Verlass auf den anderen. Wir hatten uns oft auf lange Zeit im Vorhinein irgendwo verabredet und uns immer getroffen. Damals erschloss sich uns mit der Fernverbindung der Stubaitalbahn das Gebiet der Stubaier Berge. Der Zwei-Uhr-Zug sah uns am Stubaitalbahnhof, wo wir uns per Rad mit Ski und Rucksack versammelten. Beim Volderauer in Ranalt konnten wir zu jeder Tages- und Nachtzeit die Räder einstellen, der Wirt wusste schon, wem die gehören.
Aus meinem Tourenbuch:
Stubaier, 29. April – 1. Mai 1950:
Nach einigem Hin- und Herziehen (das war die Zweidrittelmehrheit) am Samstag auf die Dresdnerhütte, Sonntag aufs Zuckerhütl gespurt und zum vierten Mal behupft (so steht’s da!). Als es auftut, Abfahrt über den Sulzenauer, dann zurück übers Schaufelnieder (Wachsen mit Hirschtalg). Am Montag Tourenwiederholung, dann Daunjoch – Sulztalferner (narrisch) – Amberger- Schrankogel (nach drei Jahren endlich) – Wildgratscharte – Sennhütte – Milders – Falbeson – Innsbruck.
Zugegeben – das war eine der schärferen Touren, die wir gemacht haben, aber wie oft sind wir mitten in der (autofreien) Mondnacht mit den Rädern durchs Stubaital hinausgerollt, haben die Räder mühselig über die Gegensteigung nach Schönberg hinauf geschoben und sind dann im Walzertakt die Kurven des Schönbergs hinunter gefahren? Bei dieser Tour kamen wir – nach dem Schrankogel – ca. um 6 Uhr abends auf die Sennhütte, setzten uns gemütlich nieder, um zu essen und zu trinken. “Wollts dableiben?” – “Na, mir müssen heit no hoam!”. Kopfschütteln: “Des ist aber scho spat!” Das hat uns nicht beeindruckt. Durch Reste von Sulzschnee fuhren wir von der Sennhütte ab, marschierten hinaus nach Milders und stellten dort in der Dunkelheit Ski und Rucksäcke in einen Heustadel. Dann ging’s den langen Weg hinein nach Falbeson, wo unsere Räder warteten. Nun konnten wir nach Hause fahren.
Wir hatten uns am Malojapass verabredet. Kurt aus Salzburg wollte Autostopp über Chiavenna kommen, Peter (auch aus Salzburg) kam mit dem Rad nach Innsbruck, von wo wir gemeinsam weiterfuhren. Das war im Sommer 1954. Für das Übernachtungsgeld auf den Schweizer Hütten langte es nicht, also schleppten wir Zelt, Kocher, Proviant, Fels- und Eisausrüstung in die Täler hinein.
Ich lese wieder:
Bergell, 17. – 28. Juli 1954:
Nach viel Regen mit dem Rad von Landeck (für das Stück Eisenbahn hatte das Geld also doch gelangt) zum Malojapass. Kurt Diemberger, Peter Heilmayr, wir trafen sie dort. Dann Gepäckmarsch ins Forno, kurz unter der Hütte einmaliger Zeltplatz.
1. Tourentag: Cima del Largo
2. Tourentag: Monte del Forno
3. Tourentag: Punta Rasica
4. Tourentag: Casnile Ostgrat hinauf, Südgrat hinunter. Sehr schöne Felstour
5. Tourentag: Übersiedlung Forno – Maloja – Promontogno – Sciora-Hütte
6. Tourentag: Cacciabella Nord- und Südgipfel
7. Tourentag: Sciora di Dentro
Nächster Tag: Warten auf Kurt von der Badilekante, hungrige Abfahrt nach Chiavenna – Comosee – Bergarmo. Am 26.7. Bergamo – Gardone – Riva Trient – Auer und am 27. 7. knieweich nach Hause. Wir hatten uns am 7. Tag getrennt: Peter und ich bezwangen die Sciora di Dentro, wobei wir – um den ebenen, aber stark zerrissenen Gipfelgrat zu vermeiden – in die Südwand auswichen und uns durch Schneerinnen watend wieder in die Höhe arbeiten mussten. Kurt ging mit einem anderen Kurt in die Badilekante. Als sie am nächsten Tag zurück kamen, hatten wir nur noch Vorräte für eine Einbrenn mit Selleriesalz zu kochen. Deswegen “hungrigel” Abfahrt nach Chiavenna. Dass es von Bozen bis Bergamo 250 km sind, wird einem mit dem Rad viel deutlicher, als mit dem Auto.
Zu Beginn seiner Entwicklung und bis in die Zeit, aus der diese Tourenberichte stammen, konnte man das Bergsteigen in einer ganz bestimmten Hinsicht definieren; es bestand nicht darin “schwierigel” Touren zu machen – oder “lange” Touren , wie wir das getan haben. Nein, es bestand darin, dorthin zu gehen, w o n i e m a n d w a r. Dies bedeutete nicht nur, dass der Bergsteiger lediglich mit dem, was er mit sich trug – Gerät, Körper und Geist – auskommen musste, es bedeutete nicht nur, dass er nicht mit sofortiger Pannenhilfe bei einem Unfall rechnen konnte; es bedeutete vor allem, dass er sich bewusst und freiwillig aus der Zivilisation entfernte.
Fragen wir uns: Sollte das Bergsteigen neben allen ethisch idealen, sportlichen und hygienischen Aspekten nicht eigentlich auch etwas von Meditation an sich haben? Und weiter: Steht dieser Aspekt nicht in diametralem Gegensatz zu den Tendenzen der heutigen Zeit, in der das Funktionieren, die Tätigkeit, der Erfolg im Vordergrund stehen? Ist daher das Bestreben, das Bergsteigen zu einem wohlfunktionierenden Apparat zu machen nicht ein Angriff jener, die nicht nachdenken wollen, auf jene, die – “aristokratisch” hat das einer dieser Demagogen genannt – dorthin gehen wollen, wo niemand ist ?
Fragen, die ich mir stelle, Fragen, die ich an meine Kameraden stelle, Fragen die man der Öffentlichkeit, den Verantwortlichen besser nicht stellt. Sie verlieren zuviel dabei, wenn sie vernünftig nachdenken.