Die Krone meiner Heimat
Besondere „Gustostückerln“ bilden folgende Teile (im Uhrzeigersinn):
Im Norden: Biberkopf, Rappenseekopf, Hochfrottspitze, Öfnerspitze, Kl. Wilder, Gr. Wilder, Hochvogel, Fuchskarspitze, Gatterlköpfe-Zugspitze-Überschreitung, Teufelsgrat-Überschreitung, Scharnitzspitze, Schüsselkarspitze, Dreitorspitzen, Wettersteinwand-Überschreitung, Gr. Arnspitze, Linderspitzen, Tiefkarspitze, Hoher Wörner, Östl. Karwendelspitze, Bayrischer Schinder, Spitzstein
Im Osten: Märzenmannln-Überschreitung, Nacketer Hund – Mitterhorn, Gr. Marchenthorn, Gaißstein, Gr. Rettenstein, Kröndlhorn, Salzachgeier, Weißkarkopf, Sichelkopf, Reichenspitze, Nördl. Schwarzkopf, Südl. Schwarzkopf – Spaten – Nadelspitzen – Zillerplattenspitze – Überschreitung
Im Süden: Keilbachspitze-Sonntaggabel, Westl. – Östl. Floitenspitze-Überschreitung, Turnerkamp-Überschreitung, Hoher Weißzint, Hochfeiler, Kluppenspitze, Pflerscher Tribulaun Westgipfel-Ostgipfel Überschreitung, Feuersteine-Überschreitung, Wilder Pfaff-Überschreitung, Beillöcherspitze, Königskogel, Granatenkogel, Hochfirst, Hochwilde-Überschreitung, Hintere Schwärze, Similaun, Fineilspitze, Weißkugel, Langtaufererspitze, Klopaierspitze, Bergkastlspitze, Fluchthorn-Überschreitung, Paulketurm, Dreiländerspitze
Im Westen: Tiroler Kopf, Hohes Rad, Vallüla, Ballunspitze, Schrottenkopf, Pflunspitze, Krachelgrat, Valluga, Roggspitze, Rappenspitze.
Die Finalisierung der Runde mit Bruno Berloffa
Stellvertretend für all die vielen Teilstücke des gesamten Grenzkammes rund um Tirol, erinnere ich mich besonders gerne an das letzte Stück, den Zillerkamm, für den ich wieder Bruno Berloffa als Partner begeistern konnte.
Anfang August 2015 fuhren wir von Krimml mit unseren Mountainbikes ins Krimmler Achental. Vom Krimmler Tauernhaus zweigt man rechts ab, hinauf ins Windbachtal. Über eine schmale und extrem steile Straße gelangten wir bis zur Materialseilbahn der Richterhütte, die wir nach 21 km am Bike, in weiteren 20 Minuten zu Fuß erreichten.
Der südliche Teil des Zillerkammes
Superwetter begleitete uns am nächsten Morgen als wir aufbrachen zur großen Überschreitung. Über die Rheydter Spitze (Warze 2802 m) gings zunächst südlich, dann westlich über eine blockige Felsflanke auf die Rainbachspitze 3129m.
Bruno war schon etwas voraus und bestaunte die Nordflanke des Rauchkofels, die er mit Ski befahren möchte . . . Nun gings aber los auf unserem Grat, der nach Norden zieht und teilweise kühn über Türme und stolze Gipfel bis zur Richterspitze führt, die alle von mir noch nicht betreten wurden.
Das meiste konnten wir frei klettern, nur teilweise haben wir uns am Seil gesichert, als wir den Südlichen Zillerschartenkopf 3080m und den Nördlichen Zillerschartenkopf (3067m) überschritten. Die Kletterei bewegt sich im III. Schwierigkeitsgrad, sodass man stets aufmerksam bleiben muss. Der Nördliche Zillerschartenkopf hat uns durch seinen Gipfelspalt begeistert. Anschließend gings leichter auf den Rainbach-Schwarzkopf 3068m. Hier machten wir eine kurze Mittagsrast, bevor wir den heiklen Übergang zum Nadelgrat angingen.
Über die Südliche Nadelspitze 2972m (IV-) und auch über die Nördliche Nadelspitze 2955m (IV-) konnten wir direkt drüber klettern und am Nordgrat, der stark verblockt ist, hinab zur Nördlichen Zillerscharte gelangen.
Weil wir gut im Zeitplan lagen, stiegen wir noch über den Südgrat auf den Spaten 2953m, der zwei schneidige Längen im IV. Grad bietet. Am Gipfel bewunderten wir das vom Wirt der Richterhütte mit den Bergrettern errichtete neue Kreuz, als wir nach einer feinen Rast, unsere Aktivität am Grat für diesen Tag beendeten. Es folgte der Abstieg zur Scharte und über den Keeskarkees hinunter zur Hütte.
Der nördliche Teil des Zillerkammes
Gut versorgt genossen wir die Richterhütte, wo uns der Wirt erzählte, dass hier praktisch niemand auf diese Gipfel steigt . . . Am nächsten Tag wollten wir den Rest des noch nicht bestiegenen Grates in Angriff nehmen. Wir stiegen über den oberen Teil des Keeskarkeeses wieder an, fanden aber keine günstige Stelle für einen Übergang zum Fels, weshalb wir etwas tiefer unten herum und über eine grasige Rampe mit einer Kletterstelle III+ die Schulter erreichten, von der aus der Südgrat auf den Südlichen Schwarzkopf ansetzt. Etwas westlich eingestiegen, fanden wir in genussvoller Kletterei (III+) wunderbar hinauf zum Gipfel des Südlichen Schwarzkopfs 3042m.
Bisher war das Wetter gut, aber jetzt zeigte uns der Himmel eindeutig, dass er bald „den Vorhang vorziehen wird“ und wir in dem nächsten, längeren Stück Gratkletterei in Bedrängnis kommen könnten. Bis über den Gipfel des Nördlichen Schwarzkopfs und weiter zur Gamsscharte gibt es keinerlei Fluchtmöglichkeit. Nach eingehender Diskussion mit Bruno beschlossen wir, sicherheitshalber entlang unseres Aufstiegs abzusteigen. Die schwarzen Gewitterwolken sahen zwar bedrohlich aus, aber je weiter wir nach unten kamen, desto lockerer wurde die Bewölkung, sodass wir doch noch einen Gipfel, der leichter erreichbar ist, angehen konnten.
Wir querten hinüber zum Steig auf die Gamsscharte, die den Übergang zur Plauener Hütte ermöglicht. Hier bewegen sich auch fast alle Touristen, welche die Zillertaler Alpen von Hütte zu Hütte durchqueren. Auch der Anstieg von der Gamsscharte auf die Richterspitze wird von vielen Alpinisten angenommen. Man hat hier am Beginn eine 15 m hohe Stelle als Klettersteig entschärft, sodass es kein Problem gibt den schönen Gipfel der Richterspitze 3052m zu erreichen. Nun waren wir also am Ende des für uns wichtigen Teils des Zillerkammes, doch es fehlte noch der Gipfel des Nördlichen Schwarzkopfs.
Keinesfalls ließen wir uns den Tag, der wettermäßig doch recht gut gehalten hatte und uns ein wunderschönes Klettererlebnis bescherte, dadurch verderben, dass wir noch einmal eigens hierher zurückkommen müssen, damit mein Traum, auf allen Gipfeln an der Grenzlinie Tirols gestanden zu sein, in Erfüllung gehen kann.
Der letzte und besonders stolze Gipfel
Der Abschied von der Richterhütte war herzlich, die Wirtsleute wünschten uns gutes Gelingen für das letzte Gratstück, das wir noch zu bewältigen haben. Wir kamen ohne nass zu werden nach Hause und hatten genügend Zeit unseren „letzten Angriff“ genau zu planen.
Schon in der nächsten Woche konnte sich Bruno frei nehmen, sodass wir uns bereits am Mittwoch Nachmittag auf den Weg zur Plauener Hütte machten, die westlich des Zillerkammes liegt und als idealer Stützpunkt für einen interessanten Anstieg auf den Nördlichen Schwarzkopf gilt. Von allen Seiten ein imposanter Berg ist dieser stolze Gipfel, vor allem der ausgeprägte Westgrat, der direkt zur Hütte herunter zieht, sticht jedem ins Auge.
Die Wirtsleute auf der Plauener Hütte waren besonders entgegenkommend zu uns als wir von unserem Vorhaben erzählten. Sie berichteten, dass hier schon ewig niemand mehr geklettert ist und am Nordgrat, den wir als Abstieg vorgesehen hatten, sei vor drei Jahren ein riesiger Felsausbruch abgegangen, weshalb auch von dieser Seite niemand mehr auf- oder abgestiegen sei. Auch ein Bergführer sei voriges Jahr wegen des Ausbruchs umgekehrt.
Nördlicher Schwarzkopf 3080 m, Westgrat IV
Für uns gab es jedoch keinen Zweifel, dass wir jedenfalls „irgendwie“ unser Ziel erreichen würden. Früh morgens machten wir uns auf den Weg zum Einstieg. Nach der Beschreibung suchten wir „das große Loch“, haben es aber nicht gefunden. Nach dem Verhauer auf der SW-Seite, wechselten wir auf die NW-Seite und stiegen von hier ein. Mit einem „guten Riecher“ fanden wir einen sehr schönen Anstieg über diesen Westgrat, der einige Stellen IV und den Rest im III. und II. Schwierigkeitsgrat bietet.
Es war schon ein besonderes Erlebnis als wir gegen Mittag des 13. August 2015 den Gipfel des Nördlichen Schwarzkopfs erreicht hatten, der nun endgültig das Schließen des Kreises bedeutete, der für mich die Ersteigung aller Gipfel an der Grenzlinie Nordtirols besiegelte. Bruno, der mich dabei fest unterstützt hatte, hatte fleißig fotografiert und gefilmt, die Sonne lachte ungetrübt vom Himmel, eine Fernsicht wie im Märchen – die Stimmung war einfach überwältigend.
Nun galt es aber noch den Abstieg über den Nordgrat zur Gamsscharte zu meistern. Zunächst haben wir abgeseilt, weiter über riesige Blöcke abgeklettert und schließlich sind wir in einem brutalen Bruchhaufen gelandet, der von dem großen Felsausbruch stammte. Dieses heikle Gelände mussten wir „wie auf rohen Eiern“ queren bis zu einem Gratturm, an dessen Fuß man östlich herum klettert und anschließend endlich in „normalem Klettergelände“ bis zur Gamsscharte gelangt. Von hier führt ein aufwändig angelegter Klettersteig an der Westseite hinunter ins Kar, wo dann der weitere Weg hinunterführt bis zur Plauener Hütte.
Es dauerte noch lange bis wir richtig realisiert hatten, dass mit diesem Tag ein großer Traum in Erfüllung gegangen ist.
Der Wirt auf der Plauener Hütte hat selbst die größte Freude gehabt, dass wir so schön über die Runde gekommen waren, er gratulierte uns und ließ einige „Schnapsln antanzen“. Vom Lessiak Seppl bekamen wir später eine spezielle “Gratulations-Karikatur”.
Auch beim Abstieg hatten wir noch viel zu plauschen über die „ursprünglichste Form des Alpinismus“, der hier zum Einsatz kommt, wenn jemand all die unterschiedlichen Arten von Berggipfel rund um Tirol ersteigen will. Unsere Heimkehr war jedenfalls geprägt von vollkommener innerer Zufriedenheit und der Überzeugung, dass es nichts Schöneres im Leben geben kann, als sein Glück auf den Zacken unserer Bergwelt zu suchen . . .
Walter Spitzenstätter