Robert Renzler vulgo “Renzi”

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Foto: Simon Schöpf

Robert Renzler verunglückte an der Stafflachwand oberhalb von St. Jodok tödlich. „Wenn der Tod einen uns vertrauten und geliebten Menschen ereilt, wird uns schmerzlich bewusst, dass mit ihm ein Stück unseres eigenen Lebens vergeht.“ (cit. Robert Renzler). Robert hat das Leben geliebt und den Tod nicht gefürchtet. Sein Lebenskelch war gut gefüllt, voll mit familiären Freuden, Erlebnissen auf den Bergen der Welt und beruflichen Erfolgen. Ein Leben reicht für diese Fülle normalerweise nicht aus und Robert war dies auch bewusst. Bei unserer letzten gemeinsamen Kletterfahrt Ende April 2023 war in Replik zum Nachruf auf Gaga auch Leben und Tod Teil unserer Gespräche. Robert war überzeugt, dass er bislang ein schönes Leben hatte, falls dieses zu Ende ginge, er sich nicht beschweren dürfe. Das Lebensende sollte allerdings so spät wie möglich, bei bester Gesundheit schnell und schmerzlos sein, tunlichst bei einem Glas Wein in der Abendsonne und nach einer Klettertour in den Dolomiten. Diese Vorstellung des idealen Todes war natürlich überlagert von der Sorge um Familie und Freunde und es war klar, dass aus dieser Perspektive eigentlich nur das ewige Leben eine Lösung wäre.

Drei Tage vor der Katastrophe waren wir noch in der Kletterhalle in Innsbruck. Roberts Begrüßungsspruch gegenüber anderen „Pensionisten“ bei der Frage nach dem Wohlergehen war immer: „Besser werden wir nicht mehr, wir können allenfalls den Verfall ein wenig hinauszögern“. Vom „Verfall“ war Robert allerdings weit entfernt. Am heimatlichen Sattelberg ging den Berichten zufolge die Dorfjugend von Gries in Position um zu versuchen, Robert beim Schiaufstieg „abzuhängen“. In steiler Wand, vor allem in alpinem Gelände, zeigte Robert nach wie vor seine hohe Kompetenz und sein Talent. Auf seinen alpinen „Rennstrecken“, das waren im Winter der Olperer und im Sommer der Pflerscher Tribulaun war Robert in seinem Element. Trotz Pensionsantritt war Robert nach wie vor im Umweltschutz und in alpinen Themen mit hohem Einsatz und Fachwissen tätig.

Foto: Bruno Berloffa

Foto: Simon Schöpf

Robert, geboren am 28.2.1956, verlor sehr früh zuerst die Mutter und kurz darauf auch den Vater. Die Tante hat sich um Robert und seine drei Geschwister gekümmert. Nach der Volksschule ist Robert ins Internat nach Hall gekommen und besuchte dort das humanistische Gymnasium. Die Schulzeit endete mit der Matura mit ausgezeichnetem Erfolg. Robert hat dann ein Medizinstudium begonnen, ist allerdings nach einem Jahr in den Studienzweig der klassischen Philologie gewechselt. Neben und nach dem Studium war Robert unterrichtend tätig und arbeitete auch im Jugendzentrum im Olympischen Dorf mit.

In steilen Wänden war Robert ab dem 20. Lebensjahr unterwegs. Bereits ab Beginn ging es in hohe Dolomitenrouten und die Ziele waren die schwersten Wege dieser Zeit. 1982 erstieg Robert den Gasherbrum 1 (8035 m) im Alpinstil und ohne künstlichen Sauerstoff. Am 24.7.1985 gelang Robert als Leiter einer österreichischen Expedition das alpine Meisterstück mit der 3600 m hohen Nordwestwand des Masherbrum (7821 m) auf einer Route, welche bis heute nicht mehr wiederholt wurde. In den heimischen Wänden fand Robert in der legendären Gipfelstürmer-Dreierseilschaft mit Gaga und Robert Troier erfüllende Zeiten. Legendär ist ein winterliches Biwak mit Gaga und Troier auf einem Band in der Wand des Croz di Altissimo. Die auf diesem Band befindlichen Latschen haben ihr Schicksal in einem Lagerfeuer gefunden und dieses Lagerfeuer sicherte das Überleben der nicht auf ein Biwak eingestellten Winterseilschaft.

Foto: Peter Ohnmacht

Foto: Peter Ohnmacht

Foto: Peter Ohnmacht

Im Jahr 1986 wurde die Berg- und Schiführerausbildung mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Diese erworbene Qualifikation hat Robert allerdings niemals zu seinem Brotberuf gemacht. Selbstverständlich war diese allerdings für seine Tätigkeit beim Alpenverein und anderen Organisationen förderlich und letztlich haben wohl auch seine Seil- und Bergpartner vom großen Erfahrungsschatz und umsichtigen Verhalten profitiert.

Nach dem wilden Treiben auf den hohen Bergen besiegelte Robert im Jahr 1986 die Seilschaft mit Irmi mit dem heiligen Sakrament der Ehe. Diese Seilschaft hat bereits 1979/1980 begonnen und Robert und Irmi haben schwerste Felsfahrten und Bergtouren gemeistert. Die Geburt der Söhne Robert (1989) und Martin (1991) folgte.
Ab Oktober 1986 war Robert Alpinreferent, ab 2002 und bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2020 Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins. Der Österreichisch Alpenverein erfuhr unter der Führung von Robert einen großartigen Mitgliederzuwachs und allgemeinen Aufschwung. Robert war in der Entwicklung des Sportkletterns in Österreich und International federführend beteiligt. Er organisierte Weltcupbewerbe, eine Jugendweltmeisterschaft und die erste Kletterweltmeisterschaft in Innsbruck. Anfang der 1990er-Jahre hatte Robert das Amt des geschäftsführenden Präsidenten des Weltkletterverbandes inne. Später wirkte er als Präsident der UIAA Montaineering Commission. Robert hat als Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins mit der „Tirol Deklaration“ weltweit gültige Ethikgrundsätze für das Bergsteigen maßgeblich mitgestaltet. Er war auch Initiator der wissenschaftlichen Aufbereitung der Geschichte des Alpenvereins. Unzählig sind die Tätigkeiten, Funktionen und Erfolge und eine Auflistung würde Robert am Ende doch nicht gerecht werden.

Robert war Zeit seines Lebens vor allem Kletterer, es war dies seine große Leidenschaft. In seiner zweiten Lebenshälfte fand er allerdings auch am alpinen Schibergsteigen großen Gefallen. Vor allem mit Sohn Martin wurden Gipfel und Grate im heimatlichen Umfeld bestiegen, dies in souveräner und schneller Art und Weise. Ab und zu zog es Robert auch in die Westalpen und so stand er vor nicht langer Zeit mit Martin nach einer schnellen Begehung des Lionsgrates auf dem Matterhorn. Auch die vielen Granittürme des Salbit-Westgrates hat Robert mit Martin überschritten. Robert ließ viele Personen am alpinen Rausch teilhaben und er war ein genialer Partner.

Robert war unendlich glücklich, dass Robert jun. seine Familie gegründet hat und er im April 2023 mit Katharina zum Großvater wurde.

Leider war Robert kein langes Leben gegönnt und mein Mitgefühl gilt seiner Frau Irmi sowie Robert und Martin. Die wahren Helden sind die Angehörigen, welche mit diesem Schicksalsschlag leben müssen. Es tröstet mich, dass Robert nach höchsten Glücksmomenten bei seinem liebsten Tun an einem seiner liebsten Orte mit dem Blick auf die Bergkulisse des Schmirntales zu Tode gekommen ist. Robert, du warst mein bester Freund und ich danke für die schönen Zeiten, welche wir beide erleben durften.

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