Frêney via Peutérey
Schon länger schwebte das Projekt „Frêney via Peutérey“ im Raum. Immer wieder redeten wir davon das man doch anstatt klassisch über das Eccles Biwak zum Frêney-Pfeiler zuzusteigen, auch über den Peutérey Grat zusteigen könnte.
Vor zwei Jahren versuchte Lukas dies dann das erste Mal mit einem Partner. Jedoch gelang ihnen leider „nur“ eine sehr schnelle Begehung des Peutérey-Integrale.
In den letzten Wochen wurde das Projekt wieder aus der Schublade gezogen und viel über die perfekte Taktik diskutiert.
Letzte Woche war es dann so weit. Die Verhältnisse am Peutérey sowie Frêney sahen gut aus, und das Wetter ebenfalls vielversprechend. Nach einem kurzen Telefonat am Montag stand der Schlachtplan fest. Donnerstag Anreise Chamonix, und anschließender Aufstieg zum Borelli Biwak. Freitag Aiguille Noire Südgrat und weiter bis aufs Col de Peutérey. Samstag Frêney-Pfeiler und im besten Fall noch am selben Tag retour nach Chamonix. Soweit mal der Plan. Nun galt es diesen auch umzusetzten.
Donnerstag 06:48 steht Lukas vor meiner Haustüre. Schnell nochmal das Material gecheckt und einen Espresso getrunken sind wir auch schon „on the road“. Der Verkehr meint es gut mit uns und so sind wir bereits gegen 14:15 in der Bäckerei in Argentière. Gut gestärkt und kulinarisch ausgerüstet für die nächsten Tage geht es nach Chamonix. Am Parkplatz wird schließlich final gepackt und nochmal die Ausrüstung auf das nötigste minimiert. Um 15:25 hocken wir bereits im Bus nach Courmayeur. Nach ca. 1h erreichen wir endlich Courmayeur, wo wir in den Bus ins Val Veny umsteigen. Gegen 17:00 beginnt dann endlich unsere eigentliche Tour.
Mit schweren Rucksäcken spazieren wir in der Abendsonne gemütlich auf die Borelli Hütte. Dort befinden sich ebenfalls zwei Anwärter für den Noire Südgrat. Nach einem kulinarischen Festschmaus, hoch Leben die französischen Bäckerein, legen wir uns in die Betten.
Um 01:30 läutet der Wecker. Schlaftrunken genießen wir unser Pain au chocolat. Die andere Seilschaft ist ebenfalls wach. Gegen 02:00 starten wir schließlich in Richtung Einstieg des Aiguille Noire Südgrats. Die andere Seilschaft können wir im Zustieg zurücklassen, was uns sehr recht ist. Nach ca. einer Stunde erreichen wir den Einstieg. Die ersten Längen gehen noch gut seilfrei und zehenschonend in Bergschuhen. Lukas Routenkenntniss macht sich bezahlt, und wir finden den Weg im Schein unserer Stirnlampen ohne Probleme. Weiter oben wechseln wir auf Kletterpatschen und Seil.
In fünf Längen, inklusive eines wunderschönen Sonnenaufgangs, erreichen wir gegen 09:00 den Gipfel der Aiguille Noire.
Nach einem weiteren Pain au chocolat machen wir uns ans Abseilen. Dies funktioniert wie am Schnürchen und wenig später stehen wir vor den Dames Anglaises.
Hier soll noch einer sagen die Kalkögel wären so brüchig und gefährlich…
Im flüssigen Fels geht es kletterend und abseilend zum Craveri-Biwak.
An diesem machen wir nochmal Pause und genießen die großartige Aussicht. Weiter geht es Richtung Aiguille Blanche. Nach dem Südost- und Zentral Gipfel erreichen wir schließlich den Nordwest Gipfel von welchen wir noch viermal Abseilen bevor wir schließlich gegen 17:00 das Col de Peutérey erreichen. Ein Vinschgerl und vier Kaminwurzen später kriechen wir auch schon in unsere Schlafsäcke.
Nach einer frischen Nacht ist um 04:30 Tagwache. Während dem Frühstück im Bett schmelzen wir mit unserem letzten Gas noch Wasser. Etwas durchfroren krabbeln wir schließlich aus unseren Schlafsäcken und packen zusammen. Im Schein unserer Stirnlampen navigieren wir durch Spalten und einen ordentlichen Bergschrund zum Einstieg.
In der Dämmerung den Einstieg suchend, sehen wir bereits die ersten Stirnlampen am Col Eccles. Im zweiten Moment sehen wir einen Lichtkegel sich rasant schnell das Couloir hinab bewegen. Schnell ist klar, dass hier jemand abstürzt. Es folgt ein kurzer Aufschrei und dann herrscht Stille. Kurz überlegen wir, ob wir zum Couloir queren sollen. Jedoch wissen wir beide das der Bergsteiger diesen Absturz wohl nicht überlebt hat und die Gefahr das wir selbst im Couloir vom Steinschlag etc. getroffen werden zu groß ist. Wir rufen somit sofort den Hubschrauber und nach mehreren Telefonaten ist die Bergung wenig später im gange.
Durch den Absturz ist unsere Moral beiderseits im Eimer und wir überlegen unsere Optionen. Frêney Pfeiler einsteigen? Retour zum Col und den Peutérey Integrale fertig gehen?
Nach kurzem überlegen entscheiden wir uns um 06:00 in den Frêney Pfeiler einzusteigen. Anfangs noch etwas verhalten kommen wir langsam aber doch in den Rhythmus und stehen nach 4 Längen bereits um 09:15 unterhalb der Chandell. Läuft ja besser als gedacht!
Leider laufen wir hier auf eine Seilschaft vom Vortag auf und müssen vor den Schlüssellängen warten. Irgendwann haben sie diese auch hinter sich gebracht und die Bahn ist frei für uns. Nachdem uns der Vortag noch in den Knochen liegt, ist der Rotpunkt-Gedanke schnell verworfen und wir schauen das wir die Längen schnellstmöglich hinter uns bringen was mit unseren schweren Rucksäcken immer noch anstrengend genug ist.
Die drei folgenden Längen können uns nicht mehr aufhalten und so stehen wir um 11:55 auf der Chandelle. Geht sich die Bahn nach Chamonix etwa wirklich noch aus?
Nach einem kurzen Abseiler klettern wir über flüssigen Fels und Schnee empor auf den Brouillard Grat. Weiter geht es in einer guten Spur in Richtung Monte Bianco de Courmayeur und um 13:41 stehen wir schließlich am Mont Blanc.
Überglücklich fallen wir uns in die Arme und können es kaum glauben bereits am Mont Blanc zu stehen! Nach einem Gipfelfoto und kurzem Genießen der Aussicht war das Ziel klar. Burger und Bier in Chamonix, und zwar heute noch!
So geht es im Laufschritt über die Gouter-Route hinab und mit der Bahn nach Les Houches. Um 18:45 stehen wir fertig, aber glücklich wieder bei unserem Auto in Chamonix.
Schnell in die Arve gesprungen geht es auch schon frisch gebadet in die Stadt unseren Erfolg feiern!
Nach einem ausgibiegen Frühstück in der Bäckerei unseres Vertrauens am nächsten Tag geht es retour in die Heimat.
Am Heimweg lassen wir die Tour nochmal Revue passieren und planen bereits neue Projekte.
Prost!