Direkte Martinswand 1. Beg.
Erfolg beflügelt bekanntlich. So war es auch bei mir und Robert, als wir 1958 in den Kreis der Gipfelstürmer eintraten. Wir hatten von Versuchen gehört, die Hias Rebitsch, Erich Streng und Hermann Buhl vor einigen Jahren und in letzter Zeit Jörg Bader an der Martinswand gestartet hatten. Auch hier war eine Direktroute geplant, der einzige damals bestehende Anstieg von Auckenthaler/Frenademetz verlief deutlich abseits der idealisierten Linie.
Im Juni 1959 bereiteten Robert Troier und ich einen Versuch zur Bewältigung eines Direktanstieges durch die Martinswand vor. Ernst Knapp aus Hall, hatte eigene Bohrhaken erzeugt, die für Löcher geschaffen waren, die man mit einem 6mm Steinmeißel, etwa einen Zentimeter tief in den Fels schlagen konnte. Bei gutem, kompaktem Fels erhielt man dadurch eine ausgezeichnete Sicherung und vor allem eröffnete diese Technik des Bohrens am Fels, die Möglichkeit einer Fortbewegung in einem Gelände, wo man bisher nicht mehr weiterkam.
Hier in der Martinswand fanden wir bereits im unteren Teil durch die schwarze Verschneidung bis hinauf zum Stand vor dem Quergang, ausgesprochen hochwertige Kletterei. Hut ab vor Streng/Buhl und Jörg Bader, der bis hierher geklettert war. Nun aber begann das große Problem. Gerade hinauf, dann folgt eine vollkommen glatte Platte, an der wir, so wie auch Buhl, keine Möglichkeit gesehen haben, ohne Bohrhaken weiterzukommen.
Ich hatte das erste Mal einen Bohrer in der Hand, versuchte das Loch so hoch wie möglich anzusetzen und bekam nach 20 Minuten ununterbrochenem Schlagen auf den Meißel, die ersehnte Kerbe, in die ich den Haken einschlagen konnte. Es war ein gutes Gefühl, in dem „bombenfesten“ Haken beide Fiffis einzuhängen und darin so hoch wie möglich aufzusteigen, um dann aus der obersten Sprosse heraus den nächsten Bohrhaken zu setzen. Alle 10 Bohrhaken, die ich mithatte, habe ich mit einem Zeitaufwand von über vier Stunden in den Quergang gesetzt.
Dann wurde es dämmrig und wir seilten uns ab. Eigentlich wollten wir unter der schwarzen Verschneidung biwakieren. Weil wir aber genügend Seile mithatten, fuhren wir bis zum Vorbau hinunter und stiegen zu den Kameraden ab, die uns am Martinsbühel den ganzen Tag zugeschaut hatten und uns jetzt mit Freude empfingen. Im Gasthaus Tiger gab es noch einen saftigen Umtrunk, dann begaben wir uns nach Hause, wo wir in unseren Betten bis 2h früh sehr bequem „biwakierten“.
Noch vor Tagesanbruch stiegen wir an den fixen Seilen bis zum Beginn des Quergangs auf. Vergleichsweise flott kam ich bis zu meiner Umkehrstelle vom Vortag und setzte noch weitere sieben Bohrhaken, bis ich das Ende des Querganges erreicht hatte.
Robert führte dann die nächste Länge, wo er auch noch 2 Bohrhaken für eine gute Sicherung spendierte, wovon der zweite für die Anbringung einer Tafel diente, die der Spengler Troier extra mit herauf geschleppt hatte. „Betreten verboten – Privatgrund“ war darauf zu lesen und wir hatten noch mit der Hand dazugeschrieben: „Ein Heil den Nachfolgern!“
Die restlichen Seillängen wiesen immer noch Schwierigkeiten im 6. Grad auf, es war aber alles in freier Kletterei zu machen. Am Nachmittag konnte ich dann am Ausstieg die letzte Sicherung an einem Baum anbringen und endlich die vom vielen Bohren geschundenen Handflächen langsam ruhen lassen.
Am selben Abend fuhren Robert und ich noch auf die Nordkette und gingen zu unseren Kameraden von den Gipfelstürmern, die auf der Sattelspitze um das Sonnwendfeuer zu entzünden. Dabei gab es dann etliche Flascherln, die geleert werden mussten, Grund dazu gab es wahrhaftig.