Auf Grund von mehrfachen Anfragen haben wir uns Gipfelstürmer entschlossen einen eigenen Abend im Gedenken an unseren Kameraden Kurt Schoißwohl (vulgo „Gaga“) zu veranstalten. Dafür stand uns der Seminarraum des Kletterverbandes Tirol bei der Bergrettung Innsbruck zur Verfügung – herzlichen Dank!
Unser Tourenwart hat alle Tourenberichte von Gaga seit 1961, die er handschriftlich abgegeben hatte, in einer Excel-Tabelle erfasst und dann ausgewertet. Dadurch wurde vieles sichtbar, was Kurt alles in den Bergen geleistet hatte.
All die schwierigen Touren, die er sogar 3 – 5 mal wiederholt hatte, seine Erstbegehungen und niedrigen Wiederholungen von schwierigsten Anstiegen wurden dabei angesprochen und aufgezählt.
Besonders erfreulich war das Erscheinen von vielen seiner Gefährten, die auch immer wieder Geschichten aus ihren Erlebnissen mit Gaga beitrugen. Insgesamt 93 verschiedene Kletterpartner sind in seinen Berichten aufgezeichnet! Die meisten Touren hatte Kurt mit seinen Partnern Robert Renzler und Robert Troier unternommen. Auch mit Walter Spitzenstätter hat Gaga mehr als 40 Kletterfahrten unternommen. Aus diesem Spektrum hat Spitz seine Fotos von Gaga zu einer Power Point Präsentation zusammengestellt und einen Rückblick auf die großartige Zeit der 60er und 70er Jahre gezeigt.
Bewusst wurde nicht ein Vortrag über die Besteigungen präsentiert, sondern stets versucht auf die Einzigartigkeit der Person unseres Kameraden einzugehen. Was Kurt alles erlebt hat im Zuge seines stürmischen Draufgängertums, welch arge Verletzungen er überstehen musste und welch halsbrecherische Situationen er immer wieder überlebt hatte, war der Inhalt dieser Replik auf das Leben eines wahrlich außergewöhnlichen Menschen.
Die abschließende Betrachtung der Bedeutung von Kurt Schoißwohl für uns Gipfelstürmer hat Walter wie folgt versucht zusammenzufassen:
Kurt Schoißwohl – ein Edelstein der Gipfelstürmer-Geschichte
Unser Freund Kurt hatte viele Merkmale, die einen besonderen Menschen ausmachen. Er verstand es, seine Begabung auf geistiger Ebene derart zu nutzen, dass er sich dem Studium der Mathematik widmen konnte und dieses Wissen später auch in seinem Beruf als Mittelschulprofessor für viele seiner Schüler nutzbringend und effizient weiterzuvermitteln imstande war.
Dass Kurt als Pädagoge auch mit der Leitung des akademischen Gymnasiums betraut wurde und ebenso mit der Austragung der österreichischen Mathematikolympiade, zeugt von der außergewöhnlichen Reputation, die er im Bildungswesen und in der Wissenschaft erreicht hatte.
Kurt hatte auch die Musikalität seines Vaters geerbt. Durch konsequente Übung hatte er sich zu einem ausgezeichneten Klavier- und Orgelspieler entwickelt. Seine Vorliebe für Bach erklärte er für uns „Verständnislosen“ einmal so: „Es ist einfach wunderbar in der Kirche einen derartigen Lärm machen zu dürfen . . .“
Bei aller geistigen Kompetenz war die Persönlichkeit von Kurt jedoch besonders stark geprägt vom Drang körperliche Leistung zu liefern. Die Tatsache, dass er von Jugend an mit dem Alpinismus in Berührung gekommen war, hatte wohl den größten Einfluss auf seine Lebensgestaltung. Besonders hierbei zeigte sich die unglaubliche Härte, die er sich selbst gegenüber anzuwenden imstande war, wenn es galt ein gestecktes Ziel zu erreichen. Gleichermaßen wie auf der geistigen Ebene, war Kurt in der Lage alles zu geben, sich völlig zu verausgaben, an die absolute Grenze zu gehen und manchmal auch darüber hinaus.
Es scheint so, als hätte das Schicksal zu all den Begabungen auch noch eine besonders hohe Portion Glück vorgesehen, das ihm oftmals in fast auswegloser Situation stets zur Seite gestanden ist. Wie die sprichwörtliche Katze mit den sieben Leben, konnte sich Kurt auch nach schwersten Verletzungen immer wieder erholen und weiter seinen geliebten Klettersport betreiben.
Es scheint auch so als hätte das Schicksal sein Ende derart gestaltet, dass die Vorstellung vom erwartbaren Unfalltod des Extremsportlers, nicht Realität werden sollte. Stattdessen hat sich ein langsamer Rückzug aus seinem erfüllten Leben ergeben. Während dieser Zeit hatten sowohl seine Angehörigen als auch wir Kameraden die Möglichkeit uns mit der Unverrückbarkeit der Fügung auseinanderzusetzen und uns dadurch besser auf den Abschied vorzubereiten, als es in der Folge eines Unfallgeschehens gekommen wäre.
Letztlich bleibt es doch ein tief empfundener Verlust, den wir so zu akzeptieren haben wie er uns auferlegt wurde. Kurt war und bleibt ein zentraler Pfeiler der Gipfelstürmer-Geschichte. Er war der Inbegriff von Tatendrang, von nicht enden wollendem Optimismus, von zielstrebiger Suche nach dem Außergewöhnlichen, von Leistung – und von urtümlicher, reiner und überzeugender Kameradschaft.
Es wird nicht möglich sein Kurt zu vergessen, zu stark ist die Erinnerung an all seine Aktivitäten in uns – sein Platz als Gipfelstürmer ist für immer gesichert.
Schließlich sprach noch Robert Renzler über einige seiner Erlebnisse mit Kurt Schoißwohl.
Als seine „Liebeserklärung“ an Gaga hatte Robert jenen Auszug aus dem Buch „Wo die wilden Hunde wohnen“ bezeichnet, in dem er die Geschichte der verlorenen Zähne erzählt. In seiner bekannt genialen Art der Wortfindung bei seinen Erzählungen, beschreibt Robert hier jenen Teil der martialischen Seite von Gaga, als er bei einem Sturz, das Seil zum einhängen zwischen den Zähnen fixiert, mehrere Schneidezähne verlor, nur weil er partout sich an der Schlinge nicht halten wollte – in kompromissloser Verfechtung des Rotpunktgedankens.
Nach einigen Wortmeldungen aus dem Kreis der Freunde von Gaga, fand der besinnliche Abend schließlich bei Kuchen und Getränk noch einen gemütlichen Ausklang mit dem allgemein guten Gefühl, unserem Kameraden Kurt gemeinsam einigermaßen adäquat ein ehrendes Gedenken abgehalten zu haben.